Gesundes Zahnfleisch ist bis zu 9 Millimeter dick und fest mit dem knöchernen Untergrund verwachsen. Es umschließt die Zähne wie ein fester Kragen, wodurch die Zahnhälse bestens geschützt werden. Zudem beugt gesundes Zahnfleisch Zahnfleischentzündungen als Folge von Verletzungen oder Nahrungsablagerungen in den Zahnfleischtaschen vor.
Zieht sich das befestigte Zahnfleisch im Laufe der Zeit zurück, ohne dass eine Entzündung vorliegt, handelt es sich um eine parodontale Rezession –, sie kann an allen Zähnen auftreten. Durch den Zahnfleischrückgang werden die sensiblen Zahnhälse sowie ein Teil der Wurzeloberflächen immer weiter freigelegt und somit nicht mehr vor schädigenden Aggressoren geschützt. Zudem bildet sich auch das darunterliegende knöcherne Zahnfach, der Alveolarknochen, langsam zurück.
Der entzündungsfreie Rückgang des Zahnfleisches kann unterschiedliche Ursachen haben:
- Putztrauma durch falsche Zahnputztechnik
Eine der häufigsten Ursachen für Zahnfleischrückgang ist eine falsche Zahnputztechnik: Ein zu kräftiger Druck beim Zähneputzen kann auf Dauer zum Rückgang des Zahnfleisches und damit zu freiliegenden Zahnhälsen führen. Putzbewegungen quer zum Zahnfleischverlauf verursachen immer wieder kleine Verletzungen am Zahnfleischrand. Das Zahnfleisch zieht sich langsam zurück, bis schließlich auch die Wurzeloberfläche freigelegt wird. Vom Putztrauma sind insbesondere Menschen betroffen, deren Zahnfleisch von Natur aus sehr dünn ist. Meist ist bei diesen Patienten auch die darunterliegende knöcherne Unterstützung schwach ausgeprägt. - Zahnfleischrückgang als Folge von Zahnfehlstellungen oder kieferorthopädischer Zahnstellungskorrekturen
Meist ist das Zahnfleisch an Zähnen mit einer Fehlstellung vergleichsweise dünn. Dadurch kann es hier schneller zu einer Rezession kommen. Dasselbe gilt für Zahnrestaurationen, die nicht ideal sitzen. Auch kieferorthopädische Zahnstellungskorrekturen können die Ursache für eine Rezession sein. - Verletzungen
Akute Verletzungen am Zahnfleisch, beispielsweise durch scharfkantige Lebensmittel, können einen Zahnfleischrückgang auslösen. - Zähneknirschen
Die kontinuierliche Belastung des Zahnfleischs durch unbewusstes Zähneknirschen kann zum Zahnfleischrückgang führen. - Bandansatz von Lippen- oder Wangenbändchen
Übt der Bandansatz einen zu starken Zug auf das Zahnfleischgewebe aus, kann dies auf Dauer das Zahnfleisch schädigen.
Die Folgen der Rezession: funktionelle und ästhetische Beeinträchtigungen
Ästhetische Beeinträchtigungen: Die „Rote Ästhetik“
Eine fortgeschrittene Rezession kann die Ästhetik des Gebisses stark beeinflussen. Wenn das Zahnfleisch zu weit zurückweicht, wirken die Zähne länger als diejenigen, die von gesundem Zahnfleisch eingerahmt werden. Dadurch wird die sogenannte „Rote Ästhetik“ – die Harmonie des Zahnfleischverlaufs – gestört.
Erhöhte Schmerzempfindlichkeit der freiliegenden Zahnhälse
Durch einen stark ausgeprägten Zahnfleischrückgang geht die Schutzfunktion des Zahnfleisches verloren. Die freiliegenden Zahnhälse führen zu einer hohen Schmerzempfindlichkeit bei Reizen, wie Kälte oder Wärme, was stechende Schmerzen auslösen kann.
Risiko für eine Wurzelkaries
Die Rezession legt im Wurzelbereich das Dentin frei, welches anfälliger für Karies ist als der Zahnschmelz. Das Risiko für eine Wurzelkaries steigt deutlich.
Verlust des gesamten befestigten Zahnfleisches
Schreitet eine Rezession über einen langen Zeitraum hinweg fort, ohne dass eine Behandlung erfolgt, kann das gesamte befestigte Zahnfleisch verloren gehen. Ist dies der Fall, wird der freiliegende Zahnhals nur noch von der beweglichen Schleimhaut begrenzt, was eine ausreichende Mundhygiene unmöglich macht.
Die nichtchirurgische Behandlung des Zahnfleischrückgangs
Sind die Zahnfleischdefekte noch nicht zu stark ausgeprägt, kann die Rezession in der Regel durch eine konsequente, gezielte Behandlung ohne chirurgischen Eingriff gestoppt werden. Zentraler Bestandteil der Therapie eine schonende Zahnputztechnik mit einer weichen Zahnbürste. Zusätzlich lässt sich die Sensibilität der geringfügig freiliegenden Zahnhälse mit desensibilisierenden Versiegelungen lindern. Allerdings lässt sich bereits verlorengegangenes Zahnfleisch durch diese Maßnahmen nicht wieder herstellen.
Der Zahnfleischrückgang sollte durch Wahrnehmung der Kontrolltermine beim Zahnarzt regelmäßig überprüft werden. Schreitet die Rezession weiter fort, erhöht sich das Risiko für Entzündungen. Dann kann eine chirurgische Behandlung angeraten sein.
Ziele der chirurgischen Rezessionsdeckung
Kann die Rezession durch eine nicht-chirurgische Therapie nicht ausreichend behandelt werden oder wünscht der Patient aus ästhetischen Gründen eine Korrektur, stehen unterschiedliche mikrochirurgische Behandlungsverfahren zur Verfügung. Ziel der chirurgischen Zahnfleischkorrektur ist es, die freiliegenden Wurzeloberflächen möglichst vollständig abzudecken und ein erneutes Fortschreiten der Rezession zu verhindern, damit die Zähne und Zahnwurzeln wieder vor schädigenden Einflüssen und Karies geschützt sind und keine erhöhte Schmerzempfindlichkeit mehr auftritt. In ästhetischer Hinsicht ist die Herstellung eines harmonischen Zahnfleischverlaufs das wichtigste Ziel.
Chirurgische Rezessionsdeckung: Die unterschiedlichen Behandlungsverfahren
In der ästhetisch-plastischen Parodontalchirurgie gibt es eine Bandbreite an operativen Verfahren, mit denen das Zahnfleisch schonend korrigiert werden kann. Sie sind schmerzarm, risikoarm und zeichnen sich durch eine kurze Heilungsphase aus. Der Heilungsprozess wird in der Regel mit biologisch aktiven Wachstumsfaktoren (Emdogain®) zusätzlich beschleunigt. Die modernen plastischen Methoden verursachen keine Narbenbildung und das Zahnfleisch zeig nach Abheilung keine Farbunterschiede auf. Es werden keine künstlichen Materialien eingesetzt, wie bei der Zahnhalsfüllung. Mögliche Unverträglichkeiten beim Patienten sind also ausgeschlossen.
Für welches Verfahren sich Ihr Zahnarzt entscheidet und welche mikrochirurgischen Techniken angewendet werden, hängt in erster Linie vom Schweregrad ab. Dieser Schweregrad der Rezession wird in vier Klassen unterschieden, die sogenannten Miller Klassen I bis IV. Ihr Spezialist für Parodontologie kann nach Feststellung der Miller Klasse die individuelle Behandlung passgenau planen und den Erfolg der chirurgischen Rezessionsdeckung zuverlässig einschätzen.
Rezessionsdeckung mittels Verschiebelappenplastik
Zu den gängigen Verfahren zählt die sogenannte Verschiebelappenplastik. Dabei wird ein Stück („Lappen“) des gesunden Zahnfleisches aus der benachbarten Kieferregion so verschoben, dass es die freiliegende Wurzeloberfläche abdeckt. Mit feinen Nähten wird der Zahnfleischlappen vernäht und kann sicher anheilten. Mit der Verschiebelappentechnik werden hervorragende
ästhetische Ergebnisse erzielt und sie bietet den Vorteil, dass in einem einzigen Eingriff mehrere benachbarte Rezessionen abgedeckt werden können. Durchgeführt wird die minimalinvasive Operation bei örtlicher Betäubung. Voraussetzung für dieses Verfahren ist eine Zahnfleischdicke von mindestens 3 Millimetern im Bereich der Rezession.
Freies Weichgewebstransplantat
Eine weitere häufig angewandte Methode ist die Deckung der Rezession mit einem körpereigenen Weichgewebstransplantat oder einem künstlichen Transplantat. Wird eigenes Weichgewebe transplantiert, so wird es meist aus dem Bereich des harten Gaumens entnommen. Mit diesem Bindegewebstransplantat wird dann die betroffene Stelle abgedeckt. Diese Technik wird häufig auch in Ergänzung zur Verschiebelappentechnik angewendet. In diesem Fall fungiert das Bindegewebstransplantat als zusätzliche Verstärkung. Damit wird das Zahnfleischgewebe verdickt, was neben der Rezessionsdeckung eine erhöhte Widerstandsfähigkeit bewirkt.
Transplantation mittels Tunnelierungstechnik
Die Tunnelierungstechnik, kurz Tunneltechnik, ist ein modernes Operationsverfahren, das eine äußerst schonende Transplantation von Bindegewebe in die Empfängerregion erlaubt. Die Empfängerstelle wird mit einem Mikroskalpell für die Aufnahme des Transplantats so präpariert, dass ein Tunnel im ausreichend dicken Zahnfleischgewebe entsteht. Nach der Tunnelierung der Empfängerstelle wird ein Transplantat aus dem Gaumendach entnommenen. Dieses wird dann in die Tunnelierung eingebracht und mit nichtresorbierbaren Nähten fixiert. Die Tunnelierungstechnik eignet sich besonders, wenn Zahnfleischdefekte an mehreren nebeneinanderliegenden Zähnen korrigiert werden sollen.
Durchtrennung oder Verlagerung hochansetzender Bänder
Einstrahlende Bänder der Mundschleimhaut können ebenfalls eine Rückbildung des Zahnfleisches verursachen, nämlich dann, wenn die Zugkräfte zu stark sind. Hier kann Abhilfe geschaffen werden, indem die Bänder durchtrennt oder so verlagert werden, dass sie keinen zu hohen Bänderzug von Lippen und Wangen auf das Zahnfleisch mehr ausüben.
Vorbereitung und Nachsorge der chirurgischen Zahnfleischkorrektur
Bevor eine chirurgische Rezessionsdeckung durchgeführt wird, müssen bestehende Entzündungen am Zahnfleisch behandelt werden. Zudem erfolgt in der Regel vor dem operativen Eingriff eine professionelle Zahnreinigung. Sie stellt sicher, dass Zahnbeläge keinen negativen Einfluss auf das Behandlungsergebnis haben können. Des Weiteren sollte geprüft werden, ob die betroffenen Zähne einer Fehlbelastung ausgesetzt sind, da eine solche den langfristigen Erfolg der Rezessionsdeckung gefährden kann. Um nach der Behandlung ein (erneutes) Putztrauma auszuschließen, wird der Patient in der richtigen, schonenden Putztechnik geschult. Um den Langzeiterfolg der Rezessionsdeckung zu unterstützen sollten zudem die regelmäßigen Kontrolltermine beim Zahnarzt wahrgenommen werden.
Ein guter Schritt für Ihre langfristige Zahngesundheit
Durch die chirurgische Rezessionsdeckung erreichen wir optimales Ergebnis mit Langzeiterfolg, sowohl hinsichtlich der Funktion als auch der kosmetischen Aspekte. Die Schmerzempfindlichkeit der freiliegenden Zahnhälse wird behoben, die Schutzfunktion für die Zähne wird wiederhergestellt und das Zahnfleisch zeigt wieder einen harmonischen Verlauf.
Der Aufwand für die Therapie ist umso geringer, je eher der Zahnfleischrückgang behandelt wird. Dies zeigt, wie wichtig es ist, Ihre Zähne und Ihre Zahnfleisch regelmäßig beim Zahnarzt oder Spezialisten für Parodontologie kontrollieren zu lassen.
Da die chirurgische Rezessionsdeckung zu den anspruchsvollen Spezialbereichen der plastischen Parodontalchirurgie zählt, sollten Sie darauf achten, dass die Behandlung von einem erfahrenen Zahnarzt oder einem Spezialisten für Parodontologie durchgeführt wird. Die Rezessionsdeckung ist eine sinnvolle – und wirkungsvolle – Maßnahme für den langfristigen Erhalt Ihrer Zahngesundheit! Wir beraten Sie gerne in unserem Zentrum für Implantologie und Ästhetische Zahnheilkunde in Nürnberg.